VORSORGEUNTERSUCHUNGEN
Die Vorsorgeuntersuchungen U1 bis J2
Von der Geburt bis zum 18. Lebensjahr hat Ihr Kind beim Kinder- und Jugendarzt 11 Vorsorgetermine im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung. Darüber hinaus gibt es 3 Zusatzvorsorgen (U10, U11 und J2), die von den meisten Krankenkassen freiwillig im Rahmen von Zusatzprogrammen bezahlt werden.
Die Vorsorgeuntersuchungen sollen sicherstellen, dass Störungen und Erkrankungen von Neugeborenen, Kindern und Jugendlichen insbesondere solche, die eine normale körperliche und geistige Entwicklung des Kindes in besonderem Maße gefährden, möglichst schnell durch einen Kinder- und Jugendarzt erkannt werden, um rechtzeitig eine entsprechende Therapie einleiten zu können.
Diese Vorsorgen beruhen in erster Linie auf den Erfahrungen der Kinder- und Jugendmediziner, die täglich in Ihrer Praxis eine große Zahl von Kindern und Jugendlichen im unterschiedlichsten Alter sehen. Diese große Erfahrung im Vergleich mit Gleichaltrigen ist eine wesentliche Voraussetzung für das Erkennen und die fachliche Betreuung von Störungen im jeweiligen Alter.
Hier ein kurzer Überblick:
U1 – am ersten Lebenstag
Wie bei allen weiteren Untersuchungen wird beim Neugeborenen Maß genommen: Wie verhält sich die Größe zum Gewicht, wie ist der Kopfumfang?
Das Baby wird abgehört (Atemfrequenz, Atemgeräusche, Herzgeräusche) und der Kreislauf untersucht. Der Puls lässt sich am besten an den Beinen messen und ist dort besonders aussagekräftig: Ein kräftiger Puls bedeutet, dass die Arterien gut durchlässig sind.
Außerdem wichtig: Sind Muskelspannung und Bewegungen in Ordnung, hat das Baby eine rosige Gesichtsfarbe, sind die Schlüsselbeine bei der Geburt heil geblieben? Diese Untersuchung wird meist vom Gynäkologen oder der Hebamme direkt nach Geburt durchgeführt, die nur bei Auffälligkeiten einen Kinderarzt hinzuziehen.
U2 – zwischen dem 3. und 10. Lebenstag
Die zweite Untersuchung wird meist kurz vor der Entlassung aus dem Krankenhaus gemacht und kann nur von einem Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin durchgeführt werden (alternativ von einem Allgemeinarzt mit Erfahrung bei Neugeborenen). Auch hier wird nochmal das Neugeborene komplett untersucht und Störungen ausgeschlossen. Insbesondere wird auf Fehlbildungen, Atmung, Herz und Kreislauf geachtet. Da es in den ersten Lebenstagen zu frühen Komplikationen kommen kann, sollte auch ein Zuhause oder ambulant geborenes Kind möglichst bald innerhalb dieses Zeitraums von einem Kinderarzt untersucht werden. Weitere wichtige Fragen: Hat das Baby eine Neugeborenengelbsucht entwickelt?
Funktioniert der Stoffwechsel?
Arbeitet die Schilddrüse richtig? Dazu wird dem Baby Blut aus der Ferse entnommen (Stoffwechsel-Screening- Test) und im Labor untersucht. Das Hörscreening ermöglicht Beeinträchtigungen des Hörvermögens rechtzeitig zu erkennen, bevor Sprachentwicklungsstörungen sich hieraus entwickeln.
Außerdem gibt es eine Stillberatung und eine ausführliche Anamnese: Liegen erbliche Krankheiten vor wie Hüftleiden, Allergien oder Herzerkrankungen? Im Rahmen dieser Untersuchung wird ebenfalls über Rachitis- und Kariesprophylaxe mit Vitamin-D-Präparaten und die optimale Schlafumgebung zur Vorbeugung des plötzlichen Kindstodes informiert. Falls in der Familie gehäuft Allergien, Asthma oder Neurodermitis vorkommen, erfolgt ebenfalls die Beratung zum Thema hypoallergene Ernährung.
U3 – in der 4. bis 6. Lebenswoche
Jetzt steht die Entwicklung der Sinne im Vordergrund: Kann das Baby Gegenstände mit den Augen fixieren, zeigt es Schreckreaktionen nach lauten Geräuschen (wenn beispielsweise ein Spielzeug auf den Boden fällt)? Außerdem wird das Kind erneut gemessen und gewogen, um zu sehen, ob es richtig zunimmt.
Der Arzt prüft, ob es in Bauchlage kurze Zeit den Kopf heben kann und ob sich die Beinchen in der Hüfte gut bewegen lassen. Hinzu kommt eine Ultraschalluntersuchung der Hüfte zur Früherkennung einer möglichen Hüftgelenkserkrankung. Wichtig ist auch die Frage, ob das Kind den Kopf auf beide Seiten drehen kann. Außerdem erfolgt eine Impfberatung, da bereits nach 9 Wochen, also vor der nächsten Vorsorge U4 mit der ersten Impfung begonnen werden sollte. Eine Beratung zur Unfallvorbeugung schließt die Untersuchung ab.
U4 – im 3. bis 4. Lebensmonat
Die Sinne des Kindes werden untersucht: Lächelt es zurück? Verfolgt es Gegenstände mit dem Auge? Wendet es seinen Kopf Geräuschquellen zu? Aber auch die Motorik wird geprüft: Setzt das Baby seine Arme in Bauchlage als Stütze ein? Kann es den Kopf im gestützten Sitzen schon selbst halten? Fragen zum Füttern, Nahrungsaufbau (Beginn der Beikost ab dem 5. Lebensmonat), Schlafrhythmus oder Schreiattacken können besprochen werden. Ist die erste Impfung durchgeführt worden? Dann erfolgt im Abstand von vier Wochen die zweite Impfung und ein Termin für die dritte Impfung wird ausgemacht. Ansonsten wird die erste Impfung nachgeholt.
Von vielen Kinderärtzen wird ein Nieren-Ultraschall-Screening bei Säuglingen im 1. Lebensjahr empfohlen um frühzeitig Nierenfehlbildungen zu erkennen, die möglicherweise bei den Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft nicht dargestellt werden konnten. Außerdem gehen die häufigsten Tumoren im Bauchraum bei Säuglingen von den Nieren und Nebennieren aus. Eine Frühdiagnose kann am besten mit der Ultraschall-Untersuchung gestellt werden.
Leider wird dieses Sono-Screening momentan nur von der AOK (bei Teilnahme im AOK-Vertrag), sowie den privaten Krankenkassen erstattet. Wir können diese Untersuchung für Ihr Kind als IGEL Leistung zu einem günstigen Preis anbieten – bitte fragen Sie einfach in der Praxis nach.
U5 – im 6. bis 7. Lebensmonat
Jetzt zeigt Ihr Baby, was es alles kann: Es darf sich auf den Bauch drehen, mit den Händen abstützen, nach Dingen greifen und sie weitergeben. Es sollte eine gute Kopfkontrolle haben und beim Halten im Stehen erste Abstützreaktionen zeigen. Und es darf drauflos brabbeln, um möglichst verschiedene Laute und Geräusche zu bilden. Die Eltern werden über den weiteren Nahrungsaufbau informiert, sofern Fragen bestehen. Außerdem gibt es Tipps, wie typische Verletzungsgefahren im Haushalt vermieden werden können.
U6 – im 10. bis 12. Lebensmonat
Inzwischen ist der Radius des Kindes gewachsen, deshalb geht es bei der U6 um die neuen Fähigkeiten: Kann das Baby sich am Schrank hochziehen? Geht es die ersten Schritte an der Hand oder an Möbeln entlang? Kann es kurzzeitig selbständig stehen? Feinmotorisch wird der Pinzettengriff geprüft , gemeinsam werden erste Türmchen gebaut (benützt es beide Hände?). Neben dem Check einzelner Organe rückt nun das Sprachvermögen in den Vordergrund: Spricht das Kind zweisilbige Wörter wie Mama oder dada (meist ohne Sinnbezug), und imitiert es verschiedene Sprachlaute?
Außerdem interessiert den Arzt, ob es fremdelt: Kann es unbekannt von vertraut unterscheiden? Gut so, das spricht für eine altersgemäße Entwicklung. Von nun an darf Ihr Baby mundgerecht zerkleinert alles am Tisch mitessen (außer kleine Nüsse, die es beim Erschrecken in die Atemwege bekommen könnte).
U7 – im 21. bis 24. Lebensmonat
Kann Ihr Kind sicher laufen, sich bücken und wieder aufrichten? Kann es mit geringer Unterstützung oder einseitigem Festhalten Treppen steigen? Der Arzt erfragt und prüft gegebenenfalls die Feinmotorik, das Interesse an Spielsachen und Bilderbüchern. Ob Ihr Kind einfache Anweisungen ausführen kann und Gegenstände benennt. Der Wortschatz sollte jetzt bis 50 Wörter umfassen und erste Zweiwortsätze sollten gebildet werden, die Sprachfähigkeit variiert jedoch noch.
U7a – im 34. bis 36. Lebensmonat
Bei der U7a geht es im Wesentlichen um Erkennen und Behandlungseinleitung von allergischen Erkrankungen, Sozialisations- und Verhaltensstörungen, Übergewicht, Sprachentwicklungsstörungen, sowie Zahn-, Mund- und Kieferanomalien. Beteiligt sich Ihr Kind an einfachen häuslichen Tätigkeiten, isst es selbstständig mit Tasse und Löffel, wäscht und trocknet es die Hände, zieht es Kleiderstücke selber aus, ist es schon trocken? Wie verhält es sich beim Spielen, wie geschickt ist es im Umgang mit Stiften, Schere und wie sicher beim Laufen, Springen oder Laufrad fahren. Die Sprachentwicklung wird mit einem Sprachtest kontrolliert.
U8 – im Alter von ca. 4 Jahren
Nun steht die Kommunikation im Mittelpunkt: Wie verständlich ist die Sprache des Kindes? Kann es in ganzen Sätzen sprechen, bezeichnet es sich selbst mit „ich“? Auch die psychosoziale Entwicklung wird beurteilt: Wie verhält es sich in der Familie, im Kindergarten, mit Gleichaltrigen. Hält es Regeln ein. Was macht ihm besonders Spaß. Nimmt es leicht Kontakt auf? Kann es sich gut konzentrieren? Jetzt klärt der Arzt die Eltern auch über Hyperaktivität auf und beschreibt, woran sie erkennen können, ob ein Kind Aufmerksamkeitsstörungen hat. Zum Testen der Feinmotorik darf das Kind Kleidungsstücke auf- und zuknöpfen; ein gutes Gleichgewicht zeigt sich am sicheren Einbeinstand und am weichen Abfedern beim Sprung vom Stuhl.
U 9 – 5 bis 6 Jahre (60.-64. Lebensmonat)
Die U9 findet im Jahr vor der Einschulung statt und ist damit besonders wichtig. Sie beinhaltet wiederum Tests auf Koordinationsfähigkeit (Grob- und Feinmotorik),Sprachverständnis sowie Hör- und Sehvermögen. Aber auch der körperliche Untersuchungsbefund wie zum Beispiel Gang, Haltung, Hinweise auf Allergien, Zahnstatus usw. sind wichtig.
U10 – 7 bis 8 Jahre
Diese Vorsorge wurde im Rahmen des Zusatzprogrammes neu aufgenommen und wird von den meisten Kassen bezahlt. Schwerpunkte: Erkennen und Behandlungseinleitung von umschriebenen Entwicklungsstörungen (z.B. Lese-Rechtschreib-Rechenstörungen), Störungen der motorischen Entwicklung und Verhaltensstörungen (z.B. ADHS), Erkennen von Allergien, Asthma, Übergewicht, Essstörungen, Probleme in der Schule sowie eine ausführliche körperliche Untersuchung.
U11 – 9 bis10 Jahre
Auch diese Vorsorge wurde im Rahmen des Zusatzprogrammes neu aufgenommen und wird von den meisten Kassen bezahlt. Schwerpunkte der U11 sind: Erkennen und Behandlungseinleitung von Schulleistungsstörungen, Sozialisations- und Verhaltensstörungen, Zahn-, Mund- und Kieferanomalien, gesundheitsschädigendem Medienverhalten.
Diese Untersuchung soll unter anderem der Bewegungs- und Sportförderung dienen, den problematischen Umgang mit Suchtmitteln erkennen und verhindern helfen, aber auch gesundheitsbewusstes Verhalten unterstützen (u.a. Ernährungs-, Bewegungs-, Stress-, Sucht- und Medienberatung) sowie eine ausführliche körperliche Untersuchung.
J1 – 12 bis 15 Jahre
Die vorletzte Untersuchung der „U-Reihe“ ist die J1 (Jugendgesundheitsuntersuchung), bei der noch einmal auf Haltungsanomalien untersucht wird.
Des weiteren werden der Impfstatus, Struma-Prophylaxe, Blutdruck, besondere familiäre Situationen, schulische Entwicklung, das Gesundheitsverhalten und die Motorik erfasst. Pubertätsentwicklung und Sexualverhalten werden besprochen.
J2 – 17 bis 18 Jahre
Auch diese Vorsorge wurde im Rahmen des Zusatzprogrammes neu aufgenommen und wird von den meisten Kassen bezahlt.
Da viele junge Erwachsene nach der Volljährigkeit erst mal gar nicht mehr zum Arzt gehen, bietet die Vorsorgeuntersuchung die große Chance, Gesundheitsstörungen rechtzeitig zu erkennen und das Gesundheitsbewusstsein (Medienkonsum, Drogen, Alkohol und Nikotin, Sexualität) zu fördern. Schwerpunkte der letzten Vorsorgeuntersuchung J2 sind dann auch: Erkennen und Behandlungseinleitung von Pubertäts- und Sexualitätsstörungen, Haltungsstörungen, Kropfbildung, Diabetes-Vorsorge, Sozialisations- und Verhaltensstörungen.
Begleitende Beratung bei der Berufswahl.